Eine Konstruktionsidee, so einfach wie faszinierend: Quaderförmige Drahtkäfige, gefüllt mit unterschiedlich großen Brocken des örtlichen Sandsteins, werden zu leicht geschwungenen Wandelementen aufeinandergeschichtet. Betritt man diese Formation am leicht schräg abfallenden Ufer des Coevorden-Piccardie-Kanals, so führt die eigenartige Konstruktionsweise auch zu einem genaueren Blick auf das lebhafte Farbspiel des Baumaterials: Der Bentheimer Sandstein wurde noch bis in die 1950er- Jahre auf den Wasserstraßen des Vechtetals transportiert und war lange Zeit eines der wichtigsten Handelsgüter – das alte Amsterdamer Rathaus wurde zum Beispiel aus diesem Material erbaut.
Angeordnet hat Olafur Eliasson die sechs Wandelemente in einer labyrinthähnlichen Struktur, die nach einem exakten geometrischen System errechnet wurde. Trotz der offenen Form mit präzise nach Norden und Süden ausgerichteten Eingängen hat man in der Mitte dieser Anordnung den Eindruck eines geschlossenen Raumes ohne einen Blick nach außen. Zugleich kreist diese spiralförmige Struktur um ein unsichtbares Zentrum, ist gleichsam ein Strudel aus Stein: die bildliche Verflüssigung eines festen Materials.
Wasser als Element unablässiger Bewegung, Stein als Symbol ewiger Ruhe – Eliasson hat mit seinen »wirbelnden Wänden« ein Bild für die Landschaft und den Geist des Ortes gefunden, in dem sich Bewegung (Verkehr und Transport) und Stille (stehendes Gewässer, weite brachliegende Felder), Chaos und Ordnung zur Harmonie in der Natur finden. Zugleich ist seine Konstruktion ein Bild für die ehemalige Schifffahrtsstraße selbst: Als könnte das künstlich aufgestaute Wasser in der kreisenden Bewegung eines Abflussstrudels wieder in den Erdboden zurückkehren – eine poetische Darstellung des Wasserkreislaufs.
Draht, Bentheimer Sandstein, Höhe 4 m, Ø 10m
1967 geboren in Kopenhagen
lebt und arbeitet in Berlin und Kopenhagen
Website des Künstlers: www.olafureliasson.net