kunstwegen - unterwegs in einem offenen Museum fuer zeitgenoessische Kunst, Natur und Geschichte. Hier lockt ein Urlaub mit dem Fahrrad im Vechtetal mit Kunst als Leitmotiv.

Hamish Fulton

Hamish Fulton, Der Vechte entlang gehen, 1998 (Buchprojekt)

der vechte entlanggehen

Vier Tage lang wanderte im November 1997 der englische Künstler Hamish Fulton im Auftrag von kunstwegen an den Ufern der Vechte entlang. Täglich einmal legte er – allein und ausgerüstet nur mit Notizblock und Fotokamera – die mehr als 30 km lange Strecke zwischen Nordhorn und Emlichheim zurück. Dabei wechselten sich Phasen des Wanderns mit solchen der ruhigen Betrachtung ab, in denen eine große Zahl stiller Fotos entstand, die lediglich den Fluss, seine variierenden Strömungsverhältnisse, die ständig sich ändernden Licht- und Wolkenspiegelungen und den Himmel registrierten. Zugleich zeichnete der »gehende Künstler«, wie er sich selbst nennt, seine Gedanken zur Landschaft, zu den Wasser- und Wetterverhältnissen, aber auch zur Kunst und seiner eigenen Haltung gegenüber der Natur in kurzen Texten und Wortbildern auf.

Spuren hinterließ Fulton nicht, denn durch seine Anwesenheit in der Landschaft darf keine unmittelbare Veränderung der natürlichen Umgebung ausgelöst werden; nichts wird mitgenommen, gestaltet oder gar als künstlerisches Objekt verkauft. Erst zu Hause im Ate lier finden die gesammelten Eindrücke und Erfahrungen zu einem künstlerischen Ausdruck. Hier entstehen seine Textbilder, Fotoarbeiten und Buchprojekte – »Wanderungen sind wie Wolken, sie kommen und gehen« lautet einer seiner Sätze.

Hamish Fulton, der oft etwas vorschnell der sogenannten »Land art« zugerechnet wird, steht in seinen kon zentrierten, sich in den Fluss der Bilder und Gedanken versenkenden Ar bei ten eher einem konzeptuellen Ansatz nahe. Seine Vorgehensweise folgt seit fast 30 Jahren einem nahezu gleichbleibenden, konsequenten Prinzip: Aus gangspunkt ist jeweils eine Wanderung, die er fast immer allein und über unterschiedliche Zeiträume hinweg überall auf dem Globus unternimmt. »Eine Wanderung besitzt ein Eigenleben, sie braucht nicht zum Kunstwerk gemacht zu werden. Ich bin Künstler und ziehe es vor, meine Kunst aus realen Erfahrungen heraus zu gestalten … Ich gehe lieber in die Welt hinaus und lasse mich von den Ereignissen beeinflussen und ändern, an statt aus meiner Vorstellungskraft heraus an einem festen Ort zu arbeiten.« In Nord horn entstand aus den Land schafts erfahrungen dieser ersten größeren Wanderung in Deutschland eine Art persönliches »Flusstagebuch«.

»Die Vechte entlang gehen« war das Auftaktprojekt zum grenzüberschreitenden Museum kunstwegen – ein Beitrag, der in seiner Zurückhaltung der Landschaft des Vechtetals größtmögliche Achtung entgegenbringt und zugleich eine unsichtbare Spur auslegte. Mit seiner viermaligen Wanderung fügte Fulton dieser Region eine Erinnerung hinzu und machte den Weg entlang des Flusses zu etwas Besonderem. Jeder kann Fultons Weg folgen, entweder real zwischen Nordhorn und Emlichheim oder seinen Gedankenwegen zwischen zwei Buchdeckeln. So entstand ein intensives, sehr persönliches Kunstwerk, das nur als erinnerte Bewegungslinie entlang der Vechte und als künstlerisch gestaltete Dokumen tation einer inneren Reise in einer Publikation weiterlebt.

 

»Hamish Fulton – Die Vechte entlang gehen / Walking beside the River Vechte«, 1998

Buchprojekt zu einer viertägigen Wanderung im Vechtetal zwischen Nordhorn und Emlichheim

herausgegeben von der Städtischen Galerie Nordhorn

an allen kunstwegen-Informationspunkten erhältlich

78 Seiten, 30,5 x 21,5 cm

über den künstler

1946 geboren in London

lebt und arbeitet in Canterbury

Künstlerwebsite: www.hamish-fulton.com